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Mi, 18.12.2019

50 Jahre Dialyse am Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen 2019

– und: Patientin geehrt für ihr 40-Jähriges Jubiläum an der Dialysemaschine

1969 wurde unter Chefarzt Prof. Dr. Jürgen Gayer in Bremen am RKK eine der ersten Dialyse-Einrichtungen Norddeutschlands eröffnet. Aufgabe der Dialyse ist es, das Blut von Abfallprodukten zu befreien und zu entgiften – was eigentlich Arbeit der menschlichen Niere ist. „Wenn die Nieren ihre Aufgaben jedoch nicht mehr erledigen können – sei es aufgrund eines Unfalls mit akutem Nierenversagen oder wegen chronischem Nierenversagen – ist die Blutwäsche unumgänglich“, erklärt Prof. Dr. Stefan Herget-Rosenthal. Er ist seit 2008 Chefarzt der Medizinischen Klinik und Ärztlicher Geschäftsführer am RKK. Vor ihm, ab 1988, war Prof. Hartmut Zschiedrich Chefarzt der Abteilung für Nieren-und Hochdruckkrankheiten.

Beim meistverwendeten Dialyseverfahren, der Hämodialyse, wird das Blut dreimal in der Woche für vier bis fünf Stunden gefiltert. „Heute gibt es verschiedene hochmoderne Nierenersatztherapien, mit denen Patienten umfassend behandelt werden können – das war nicht immer so“, betont der Nierenspezialist Herget-Rosenthal. „Vor wenigen Jahrzehnten bestimmten in Deutschland noch besondere Ethik-Komitees darüber, wer einen Platz an einer der lebensrettenden, seltenen Dialysemaschinen im Land bekam. Jüngere Patienten oder Eltern mit kleinen Kindern hatten meist bessere Chancen als Senioren“, so der Chefarzt. Noch vor 60 Jahren dachte niemand daran, Patienten mit chronischer Nierenschwäche jahrelang mittels Blutwäsche zu behandeln. Es wurden lediglich Patienten mit vorübergehendem Ausfall der Nierenleistung einige wenige Male dialysiert. Damals war die Blutwäsche nicht so verträglich wie heute und dauerte teilweise mehr als doppelt so lange. „Patienten kämpften mit Übelkeit und Muskelkrämpfen, während sie zehn bis zwölf Stunden an das Gerät angeschlossen waren“, ergänzt Anja Segerdiek, Pflegerische Leitung des Dialysezentrums.

Nach Berechnungen des IGES-Instituts wir die Zahl der Dialysepflichtigen in Deutschland im Jahr 2020 über 100.000 liegen. Im RKK-Dialyse-Zentrum werden mehr als 7000 Dialysen jährlich durchgeführt. Die Weiterentwicklung und Modernisierung der Dialyse am RKK schreitet fort. 2016 öffnete das neue Dialyse-Zentrum mit 12 Betten für teilstationäre und vier Betten im gesonderten, angeschlossenen Bereich für stationäre Dialysepatienten - in direkter Anbindung an die Intensivstation. Helle Räume mit großen Fenstern und moderne Flachbildfernseher an jedem Bett waren einige Highlights des neuen Bereichs. Das RKK engagiert sich auch in der Forschung: Um das weltweite Wissensloch der häufigen, plötzlichen Verschlechterung der Nierenleistung hochbetagter Patienten zu stopfen, startete die Medizinische Klinik 2018 eine ATEMPO-Studie – gefördert durch die renommierte Dr. Werner Jackstädt-Stiftung.

40 Jahre an der Dialysemaschine – ein besonderes Jubiläum

Eine, die sich mit der Weiterentwicklung der Dialyse in den vergangenen 40 Jahren auskennt, ist Brigitte H. Krämpfe, Erbrechen, Blutdruckabfälle – einige Begleiterscheinungen prägten auch ihre ersten Jahre der Blutwäsche. „Der Umstieg von Acetat- auf Bicarbonat-Dialysen brachte mir damals große Erleichterung“, fachsimpelt die 69-Jährige heute. Sie kennt sich aus – und hat schon bei der Ausbildung vieler Ärzte und Pflegefachkräfte „geholfen“. Am 19. Dezember 2019 wird ein großes Aufgebot an Gratulanten der Klinik an ihrem Bett stehen: Dann jährt sich der Tag ihrer allerersten Blutwäsche im RKK zum 40. Mal.

Brigitte H. ist 13 Jahre alt, als sie an einer Nierenentzündung (Nephritis) erkrankt. Die Krankheit wird zwar erkannt und behandelt – heilt aber dennoch nicht. „Bei zwei bis drei Prozent der Patienten wird die Krankheit chronisch – da kann man nichts manchen“, weiß sie. Bis 1979 führt Brigitte H. ein relativ normales Leben. „Ich hatte meist keine Schmerzen. Einmal habe ich aber ein ganzes Jahr in der Schule gefehlt und dann durfte ich einfach eine Klasse überspringen, das habe ich gut hingekriegt“, erinnert sie sich lächelnd. Die junge Frau schließt die Handelsschule ab, arbeitet in der Buchhaltung einer Sulinger Firma, heiratet. „Aber natürlich wurden meine Nierenwerte in der ganzen Zeit immer schlechter. Ich war oft erschöpft, hatte Kopfschmerzen und einen zu hohen Blutdruck“, erinnert sie sich. Am 19. Dezember 1979 geht plötzlich nichts mehr. Die 29-Jährige wird vom Hausarzt direkt auf die Intensivstation des Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen überwiesen. Sie bekommt kaum noch Luft, kann nicht liegen, nicht schlafen. Dort wird sie zum ersten Mal an die Dialysemaschine angeschlossen. Seitdem kommt Frau H. dreimal in der Woche für fünf Stunden (seit 2019 sind es vier Stunden) ins Dialysezentrum des RKK.

Dialysepfleger Christian Kecht hat es ausgerechnet: Addiert man die gesamten Stunden, die die Seniorin aus Sulingen in ihrem Leben bislang an einer Dialysemaschine angeschlossen war, kommt man auf drei ganze Jahre und vier Monate – am Stück. „In den vergangenen 40 Jahren hat Frau H. alleine mit den Kilometern zu den Dialyseterminen von Sulingen nach Bremen und zurück 12 Mal die Erde umrundet“, staunt Kecht, der die Patientin nun bereits seit 17 Jahren kennt und schätzt.

Krankheit und Dialyse schwächen den Körper. Brigitte H. weiß, dass ihr „Jubiläum“ ein seltenes ist. Einmal, mit 39 Jahren, hat sie das große Abenteuer einer Nierentransplantation gewagt. “Leider hat die Niere in meinem Körper nicht angefangen zu arbeiten. Ich lag sechseinhalb Wochen auf der Intensivstation – gefühlt mehr im Himmel als auf der Erde. Das war ein so schreckliches Erlebnis für mich, dass ich mich gegen einen weiteren Versuch entschieden habe und nicht mehr auf die Warteliste für eine neue Spenderniere wollte. Ich bin den Mitarbeitern - aber auch meinem Mann und meinem Bruder sehr sehr dankbar für die liebevolle Hilfe und Betreuung all die Jahre. Ich bleibe hier im RKK – das ist gut so, wie es ist“, sagt sie.

Pressefoto 50 Jahre Dialyse am Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen 2019:
  
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