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Mi, 27.11.2019

Ärzte des Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen veröffentlichen wissenschaftliche Arbeiten zu seltener Infektionserkrankung eines Hundebesitzers 2018

Ärzte der Medizinischen Klinik und der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin am Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen (RKK) haben Anfang November 2019 im „European Journal of Case Reports in Internal Medicine“ einen Case Report veröffentlicht. Sie dokumentierten die Behandlung eines Patienten mit einer äußerst seltenen Infektionserkrankung, dem Bakterium Capnocytophaga canimorsus, die 2018 bei einem Bremer Patienten auftrat. „Weltweit gibt es kaum Veröffentlichungen dazu. Tritt ein so seltener Fall auf, sind wir Ärzte verpflichtet, die Behandlung zu dokumentieren und für Kolleginnen und Kollegen in der medizinischen Fachpresse zu veröffentlichen“, erklärt Dr. Martin Langenbeck, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme und ärztlicher Leiter der Internistischen Intensivstation am RKK. „Auch wir haben während der Behandlung des Patienten von den Veröffentlichungen unserer Kollegen profitiert.“

Ein Patient kam im August 2018 nach drei Tagen anhaltender schwerer Grippesymptome, Fieber, Luftnot und Einblutungen in Haut und Schleimhäuten – Zeichen einer schweren Blutvergiftung – in die Notaufnahme des Rotes Kreuz Krankenhaus. Trotz sofortiger Einleitung einer kalkulierten Breitband-Antibiotika-Therapie verschlechterte sich sein Zustand zunehmend, er starb am 16. Tag auf der Intensivstation an multiplem Organversagen. Im Labor wurde der schwer nachweisbare, seltene Erreger Capnocytophaga canimorsus in der bebrüteten Blutkultur gefunden. Dieses Bakterium ist Teil der natürlichen Mundflora von diversen Tieren, vor allem aber von Hunden und Katzen. Der Bremer Patient war Hundebesitzer.

Für Tiere ist der Erreger unschädlich, beim Menschen kann er zu Infektionen und im seltenen Fall zum Tode führen. Die Infektion erfolgt überwiegend durch Bisse von Hunden aber auch durch Lecken von Hautdefekten. Das Spektrum der Infektion reicht von selbstlimitierender lokaler Hautinfektion bis zur schweren Blutvergiftung (Purpura fulminans). „Nicht jeder Patient, den die Infektion trifft, hat einen schweren Verlauf. Bei schweren Verläufen sterben jedoch etwa ein Viertel der Patienten. Betroffene Patienten, die gebissen und infiziert wurden, haben in der Regel zusätzlich ein geschwächtes Immunsystem, sind alkoholkrank oder haben eine Milzentfernung hinter sich. Unser Patient gehörte zu keiner dieser Risikogruppen. Der schwere Verlauf ohne die genannten Risikofaktoren und ohne Biss durch einen Hund ist ausgesprochen selten. Wir gehen davon aus, dass eine frühere Vorstellung im Krankenhaus und eine frühere Antibiotikatherapie den schweren Verlauf der Erkrankung deutlich abgemildert hätte“, erklärt Chefarzt Dr. Langenbeck.

Bislang ist weltweit nur ein einziger weiterer Fall veröffentlicht worden, bei dem der Krankheitsverlauf eines Patienten mit gutem Immunsystem, der nicht gebissen, sondern nur von einem Hund abgeleckt wurde, einen so schweren Verlauf wie bei dem Bremer Patient aufwies.

In einer weiteren Veröffentlichung, einer Meta-Analyse, setzten sich die Ärzte des Rotes Kreuz Krankenhauses mit weltweit vorhandenen Studien und beschriebenen Fällen ab 2002 auseinander. Sie werteten die 128 Fälle aus, die eine Infektion erlitten obwohl keine der bekannten Risikofaktoren wie die in Bremen vorhanden waren.

Chefarzt Dr. Langenbeck fasst die daraus resultierenden Empfehlungen für die Bevölkerung zusammen:
Bei Tierbissen sollte die Wunde sofort selbst gesäubert werden, um sie anschließend von einem Arzt professionell reinigen zu lassen lassen. Es ist wichtig, möglichst wenig Keime in die Wunde gelangen und die Gefahr schwerer septischer Verläufe reduziert wird. Nach einem Tierbiss sollten bestimmte Patienten eine Antibiotikaprophylaxe erhalten - für wen das notwendig ist, entscheidet der Arzt. Derzeit ist aber noch nicht abschließend geklärt, ob eine generelle Antibiotikaprophylaxe bei Hunde-/Katzenbissen empfohlen werden kann.

Auch Patienten , die keine Störung des Immunsystems haben und regelmäßig mit Speichel von Hunden oder Katzen in Kontakt kommen, sollten bei ungewöhnlich schwer verlaufenden Infekten mit Grippesymptomen und Kopfschmerzen zum Arzt gehen und diesen über den regelmäßigen sehr engen Kontakt mit Ihren Hunden oder Katzen informieren. Der Arzt kann anhand der Blutwerte feststellen, ob ein bakterieller Infekt vorliegt. Falls eine Infektion mit Capnocytophaga canimorsus vorliegt, kann der Arzt frühzeitig Penicillin in Kombination mit einem Beta-Lactamase-Hemmer verschreiben und Schlimmeres verhindern.

Trotzdem bleibt das Risiko, an einer derartigen Infektion zu erkranken, für immunkompetente Menschen, die nicht gebissen wurden, ausgesprochen gering.

Die Fotos mit Copyright Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen entstanden explizit zur wissenschaftlichen Dokumentation in der Case-Studie im European Journal of Case Reports in Internal Medicine. Sie sind nicht zur Veröffentlichung freigegeben.

Press Statement (English): Doctors from the Rotes Kreuz Krankenhaus Bremen publish scientific articles dealing with infectious disease of dog owner in 2018 (PDF 41KB)

Weitere Informationen:

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